Handlung

Der Folterskandal von Abu Ghraib aus dem Jahr 2003 ist um die Welt gegangen. Die Wellen der Empörung schlugen hoch: Arabische Gefangene erlebten in diesem Gefängnis mitten in der irakischen Hauptstadt Bagdad Folter und Erniedrigung durch US-Soldaten. Nackt zu einer menschlichen Pyramide aufgeschichtet und nackt an einem Hundehalsband vorgeführt - die Peiniger selbst schossen die Fotos der Pein. Der profilierte Dokumentarfilmer Errol Morris ("The Thin Blue Line" und "Fog Of War") ist in seinem neuen Film "Standard Operating Procedure" den Bildern der Tat und ihren Hintergründen nachgegangen. Errol Morris hat unzählige Beteiligte befragt, wie Lyndie England, jene inzwischen verurteilte US-Soldatin, die auf vielen Bildern neben ihren Opfern posierte. Minuntiös rekonstruiert Morris die Geschichte(n) hinter den Bildern. Der Dokumentarfilmer wird hier gleichsam als virtueller Ermittler aktiv.
Morris zeigt die Machtstrukturen im Mikrokosmos Abu Ghraib bis in die feinsten Verästelungen. Ausreden und immer wieder der Verweis auf Befehl und Gehorsam begegnen ihm schon litaneihaft. Soldaten verweisen auf den starken Druck von oben und auf die Legalität bestimmter Verhörmethoden - die "Standing Operating Procedures". Danach ist das Erzeugen von Angst und das Demütigen legal, verboten sind dagegen die körperliche Misshandlung und der sexuelle Übergriff.
Filmkritik | Standard Operating Procedure

Mit "Standard Operating Procedure" ist Errol Morris ein intensiver Fim mit erhellenden Momenten gelungen. Die groben Mittel der Inszenierung aber schrecken ab. Das beginnt schon mit der "einpeitschenden" Filmmusik von Danny Elfman, die einem Hollywood-Spielfilm entstammen könnte, hier aber völlig deplatziert wirkt. Unangenehm berühren auch die vielen nachgestellten Bilder in starker Großaufnahme: Patronenhülsen oder Spielkarten mit den Konterfeis gesuchter irakischer Kriegsverbrecher erzeugen eine mystische Überhöhung, die gerade dieser Film nicht bedarf. Hier fließt selbst das Blut in Zeitlupe. Damit untergräbt Morris seinen eigenen Anspruch. Wenn der Nachspann zum Film mehrere Make-up-Assistenten, diverse Tiertrainer, einen Kostümdesigner und auch noch einen Actiontrainer auflistet, ist das vollkommen grotesk. In "Standard Operating Procedure" reden ausschließlich Täter, Mittäter, Mitläufer und Spezialisten. Die Opfer kommen nicht zu Wort. Höhere Offiziere der US-Army sind ebenfalls nicht mit im Bild. Niemand habe sich der Kamera von Errol Morris stellen wollen, heißt es. Das Fehlen dieser Stimmen im Chor bleibt dennoch ein Manko. Nein - so lässt sich das Grauen nicht nachstellen.
Filmkritik von Gastautor